Man spürte mit welcher Liebe und Sorgfalt sie zuerst “die Fülle”,
wie sie sich auszudrücken pflegte, herstellte und dann an den Nudelteig ging.
Beim Auswellen des feinen Eiernudelteiges durfte ich schon helfen.
Eingestrichen hat meine Oma ihre “Fülle” dann selbst,
auch das Falten, das Einpinseln mit Ei,
dann die Einteilung mit dem Rührlöffelstiel und letztendlich das Abrädeln.
Wichtig war für Großmutter “geschlossene Maultaschen” zu machen,
die sorgfältig geformt beim Ankochen und Ziehenlassen ihre Saftigkeit behalten.
Ich konnte es jedes Mal kaum erwarten bis die ersten fertig waren,
die ich dann voller Andacht probieren durfte.
Mittags haben wir unsere Maultaschen dann immer in der Brühe gegessen,
die mit Butterzwiebeln geschmelzt und mit Peterling oder Schnittlauch aus unserem Garten verfeinert wurde.
Zum Nachtessen gab’s die Maultaschen geröstet mit Ei mit einem wunderbaren Kartoffelsalat
und je nach Jahreszeit mit Kopf-Endivie- oder Ackersalat.
Für den Salatdressing war meine Liebe Mutter Waltraud zuständig, neben Essig und Öl waren die Zugaben ganz frisch gepflückte Kräuter
aus unserem Garten, fein geschnittene Zwiebeln, Salz und Pfeffer, etwas Senf und eine Prise Zucker, sonst nichts.
Summa summarum war das Maultaschenessen immer ein kulinarische Erlebnis, einfach ein Gedicht.
Wenn man vielleicht von ein bisschen Professionalität absieht,
so habe ich doch in all meinen Berufsjahren bei der Herstellung nunmehr meiner Maultaschen immer den Prinzipien meiner Großmutter gedacht,
sei es bei der Frische und der Auswahl- und Zusammenstellung der Zutaten, der Liebe und Sorgfalt bei der Herstellung und dem typisch-urschwäbischen Geschmack,
den mir meine Großmutter mitgegeben hat.
Peter Stephan Sr.
weniger